Inhaltsverzeichnis auf einen Blick
Zwei Jahre, schöne Begegnungen und viel gelernt
Ehrlich gesagt, habe ich vor zwei Jahren gar nicht lange überlegt, ich habe einfach gemacht. Zu groß war die Wut über die zahlreichen Vorurteile und schlechten Informationen.
Ich wollte etwas tun, mir Luft machen und aufklären, Hilfestellungen geben, die eben ohne Bilder von Wartezimmern, Krankenbetten und Infusionsständern auskommen und vor allem, Geschichten erzählen, Gedankenanstöße geben.
Anlässlich dieses denkwürdigen Datums nehme ich dich mal mit in die Anfänge vom Zellenkarussell und wie sich alles bis heute entwickelt hat, welche Rolle auch du dabei gespielt hast.
Die Anfänge
Nicht ganz eindeutig dokumentiert ist, wann genau die Geburtsstunde vom Zellenkarussell war, aber die ersten Texte gingen Anfang/Mitte August 2019 raus in die virtuelle Welt.
Die Technik und die Produktion der Inhalte brauchten ihre Zeit. Stolze 10 bis 30 Seitenaufrufe hatte ich zu Beginn pro Tag – oder war es pro Woche? Egal.
Ich war so glücklich, ich hatte die Technik bezwungen und mein Blog stand. Jeder konnte ihn lesen und sich informieren.
Der Turbo wurde gezündet.
Die Sichtbarkeit änderte sich schlagartig, nachdem DocCheck im Oktober 2019 das Zellenkarussell entdeckt hatte und gleich einen meiner ersten Artikel „Verloren in der Chefarztvisite“ veröffentlichte.
Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als die ersten Kommentare kamen und die Seitenaufrufe nach oben schnellten.
Auch die Frauenzeitschrift Brigitte hatte auf eine Pressemeldung von mir reagiert. Alles in einem Monat. Ich konnte mein Glück kaum fassen.
„Schreiben Sie doch ein Buch.“
Dann nahm auch noch eine Literatur-Agentin Kontakt zu mir auf und meinte, ich solle ein Memoire über meinen Weg nach der Diagnose schreiben und nahm mich unter ihre Fittiche.
Nach vielen Exposé-Varianten, die zwischen uns nur so hin und her flogen, dann leider diese Sache mit dem großen C. Corona hatte alles lahmgelegt.
Die Verlage waren im „Corona-Jahr 2020“ übervorsichtig, kein Verlag wollte etwas von einer unbekannten Autorin bringen, „jetzt nicht“ und schon gar nicht zu diesem schweren Thema.
Alle angefragten Verlage gaben mir und meiner Story einen Korb.
Es kam zwar zu zwei wunderbaren Telefonaten mit einem Verlag aus München und sogar ein ebenso renommierter Verlag aus Hamburg meinte, er habe sich selten so gut unterhalten gefühlt, aber leider gerade ein ähnliches Werk im Programm, das Ergebnis blieb dasselbe:
Der Traum vom eigenen Buch war ausgeträumt. Zumindest zu diesem.
Die von der Agentin gesetzte Deadline für Ab- oder Zusagen war verrückterweise – Zufall oder Zeichen? – fiel genau auf den 23. Juni 2020, auf den Tag das Datum meiner Stammzelltransplantation vor drei Jahren.
Vielleicht sollte es so sein. Vielleicht sollte ich dieses „Buch-Kapitel“ abschließen. Ich habe das Projekt jedenfalls in eine große imaginäre Kiste gepackt.
Das Zellenkarussell ist Ausdrucksmittel genug. Das passt schon so.
Magic Moments
Ehrlich gesagt, hatte mich diese Absage kurz danach ganz schön heruntergezogen und ich habe mich gefragt, ob ich überhaupt weiter machen soll, ob das Zellenkarussell eine gute Idee war.
Da erreichte mich eine Mail einer Zellenkarussell-Leserin, die mir schrieb, dass sie sich zum 50sten Geburtstag ein zweites Studium geschenkt habe, ein Medizinstudium mit Schwerpunkt Onkologie.
Meine Beiträge hätten ihr in der Vorbereitung zum Staatsexamen noch einmal einen richtigen Push gegeben.
Jetzt wisse sie, warum sie das alles täte. Ich war so gerührt und beschloss, weiterzumachen.
Ähnlich magische Mails erhielt ich öfter mal.
Rat und Resonanz
Alle hatten einen anderen Hintergrund, aber im Ergebnis eine motivierende Kraft für mich:
„Danke, dass es dich gibt.“ oder
„Jetzt verstehe ich, was meine Freundin durchmacht und wie ich auf sie eingehen kann.“ oder
„Hast du eine Empfehlung für ein geeignetes Nachthemd – wegen des Portanschlusses und der Infusionszugänge?“ oder
„Dein Betrag gegen die Ängste hat mir so geholfen“ oder
„Ich konnte endlich mit meinem Mann über uns reden.“ oder
„Ich habe letztens folgende Aussage von einem eigentlich lieben Freund erhalten … wie würdest du darauf reagieren? Soll ich ihm sagen, dass er mich damit verletzt hat? Wie gehe ich vor?“
Diese Resonanz tut einfach so gut und dann weiß ich immer, wofür ich das alles mache. Entschuldigung, ich musste jetzt mal etwas pathetisch werden – weil es stimmt.
Gutes Timing
Das erstaunliche war, dass diese Mails immer dann kamen, wenn ich einen Durchhänger hatte oder dachte: „Habe ich den richtigen Ton getroffen? Passt das Thema überhaupt? Kann ich vermitteln, was ich meine? Habe ich gut genug recherchiert und die medizinischen Dinge verständlich und korrekt wiedergegeben? Ich würde gerne mehr LeserInnen, mehr Betroffene erreichen, ihnen helfen, wie kann das gelingen?“ und, und, und.
Ich stelle mich immer in Frage, musst du wissen und bin mir meiner Sache nicht immer so sicher, wie du wahrscheinlich denkst.
Und ja, auch ich habe Schwächephasen und muss mich selbst motivieren.
Es ist viel passiert.
Und heute, wieder ein Jahr später, bin ich zu einem der derzeit größten Krebskongresse von Patienten, der Yes!Con (Hier der Link zum Event: YES!CON 2021 – YES!CON (yescon.org)) im September 2021, als Speakerin eingeladen worden, habe bereits einige Interviews gegeben und an Kampagnen teilgenommen.
Und noch eine kleine Aktion, die einige Nachahmer und Fans gefunden hat. Meine Challenge mit dem Titel #aufatmen und #laufenfürdieLunge hat mir mehr Fitness, mehr Wissen gebracht und vor allem viel Spaß gemacht.
Einmal in der Woche berichte ich immer noch (auf Facebook und Instagram) von meinen Lauferfolgen und dem was ich in Berlin erlebe. Hier der Link dazu, wenn du das verpasst hast: Zwölf Tage und ein großes Ziel – Mein Rezept für mehr Fitness – Zellenkarussell
Mein Ratgeber „Warum sagt einem das denn niemand?“ ist schon in der 2. erweiterten Auflage erhältlich und der Beitrag über die Ängste hat ein begleitendes Workbook (Du brauchst – Ratgeber und Workbook – Zellenkarussell) bekommen und – was mir am allerallerwichtigsten ist – ich habe so wunderbare, wertvolle Menschen kennengelernt- BloggerkollegInnen, Coaches, Interviewgäste, Betroffene und Angehörige, Schwestern, Pfleger, ÄrztInnen und Apotheker – so viel Zuspruch und Wärme erfahren dürfen, dass ich sagen kann, ich habe doch einiges richtig gemacht und vor allem gelernt.
Hater und Community
Wie gut, dass ich nicht hingeschmissen habe. Das alles macht mich stark – auch gegen Anfeindungen von sogenannten Hatern. Ja, auch das erlebe ich manchmal. Das trifft mich durchaus, aber die Cancer-Community fängt mich immer wieder auf und fordert mich auf dran und laut zu bleiben.
Dazu zählt auch folgendes: 15 Artikel haben es inzwischen auf das Portal von DocCheck geschafft (Der Medienspiegel vom Zellenkarussell). Noch am 31. Juli wurde ein Beitrag aus meinem Blog gepickt, den ich ganz zu Beginn des Zellenkarussells verfasst hatte.
Bei mir heißt er „Noch so ein Spruch und ich vergesse meine gute Erziehung.“
Dieser Artikel oder besser gesagt die jüngste Veröffentlichung auf diesem Portal hat mir vor Augen geführt, wie lange her alles schon ist und sich meine Perspektive verändert hat.
Die Zeit nach der Diagnose hat eben mehrere Phasen. Gerade zu Beginn sind alle Krebspatienten sehr empfindlich und verunsichert, gleiches gilt für das Umfeld.
Auch wenn mich einige Menschen in den Kommentaren sehr heftig angehen, stehe ich hinter jeder einzelnen Aussage und werde nicht müde darauf hinzuweisen, dass eine respektvolle Kommunikation, ein würdevolles Miteinander essentiell sind.
Hier der Beitrag auf DocCheck (Die Reaktion hat einen anderen Titel gewählt): Diese Sprüche hassen alle Krebspatienten – DocCheck
Daher gilt mein besonderer Dank an dieser Stelle Anett B., Lydia L. und Roswitha L. und Antje V. stellvertretend für so viele auf Facebook und Instagram, die immer zur Stelle sind, wenn so etwas – Gott sei Dank selten – passiert.
Wir unterstützen uns gegenseitig und das fühlt sich gut an. Einige pilgern im August nach Berlin.
Ziel ist am 21. August das Brandenburger Tor und ich werde da sein, um sie in Empfang zu nehmen. Ehrensache.
Deine Fragen zum Panel auf der Yes!con
„Mein“ Panel auf der Yes!Con (18. + 19.9.2021) steht ja unter dem Motto: „Geheilt und trotzdem krank. Leben mit Nachwirkungen.“
Ich werde dort die einzige Nicht-Medizinerin sein und die Diskussion aus der Perspektive einer Betroffenen befeuern.
Daher meine Aufforderung an dich: Wenn du Fragen oder Anregungen hast, die ich in dieser Runde thematisieren könnte, lass mich das gerne wissen.
Ich habe vor (u. a.) auf jeden Fall die mangelnde Information und Begleitung – gerade nach der Therapie anzusprechen und dass ich mir einen standardisierten Leitfaden wünschen würde.
Und was ich unbedingt loswerden möchte ist dies: Ich bin mir sicher, dass die wenigsten darüber Bescheid wissen, dass es onkologisch weitergebildete Apotheker gibt, die gerade auch im Nebenwirkungsmanagement geschult sind. Wusstest du das?
Also meine Frage an dich: Was wünscht du dir in Bezug auf das Thema Nachwirkungen?
Resümee
Was ich dir aber auch mit dieser Geburtstagsbeitrag sagen möchte, ist folgendes:
Lass dich nicht beirren, gehe deinen Weg.
Tue das, was dich glücklich macht. Leben dein Leben und nicht das der anderen.
Viktor A. Frankl hat das bereits im letzten Jahrtausend erkannt. Er ist der Begründer der Existenzanalyse und Logotherapie und „schuld“ daran, dass ich meinen Interviewgast Thomas Zimmermann (Mehr über ihn und seine Arbeit findest du hier: Home – Zimmermann-Existenzanalyse) in den aktuellen Episoden meines Podcasts „Nellas Neuaufnahme“ (Hier geht es zum Podcast)mit Fragen löchere. Der Arme.
Nellas Neuaufnahme – Warum sich Patienten und Ärzte besser verstehen sollten.
Wünsch dir was.
Wünsche gehören zum Geburtstag nun mal dazu. Daher schreibe mir (schreibnella@zellenkarussell.de) gerne, welche Inhalte dir weiter helfen könnten, welche Themen du vermisst, welche sollte ich noch unbedingt aufgreifen.
Ich danke dir, dass auch du einen Teil meines Weges begleitest und dir (anscheinend) meine Beiträge und Gedanken gefallen.
Schön, dass du da bist. Zusammen geht alles leichter.
Alles Liebe und pass gut auf dich auf.
Herzlichst, die Nella