Das Transkript zu „Der Körper ist der Boss“ (Folge 47 von Nellas Neuaufnahme) mit der Sportwissenschaftlerin, Schlaf- und Fatigue-Coachin Dr. Sabrina Han.
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#47 – Der Köper ist der Boss. Wie komme ich nach der Krebsdiagnose wieder in die Balance? – Zellenkarussell <<<

[00:00:00.000] – Dr. Sabrina Han – Intro
Und das ist ganz spannend, was Schlaf für Bewegung machen kann. Wenn du schläfst, kannst du viel besser trainieren. Das ist Wahnsinn, was da alles passiert, aber auch, was Bewegung für den Schlaf machen kann. Das ist eine super Partnerschaft, die beiden.
[00:00:13.570] – Nella – Anmoderation
Hallo und herzlich willkommen in Nellas Neuaufnahme. Warum sich Patienten und Ärzte besser verstehen sollten. Der Körper ist der Boss. Das ist eine Erkenntnis, die wir als Krebspatientinnen und Krebspatienten sehr schnell machen. Der gibt jetzt den Takt vor und vielleicht ist das auch mal ganz gut, da mal genauer hinzuhören. Vielleicht haben wir das ja vorher auch zu wenig gemacht. Also ein ganz guter Anlass, zu gucken, wie viel Bewegung, wie viel Sport ist eigentlich gut für mich? Übertreibe ich da nicht ein bisschen und will ich nicht zu schnell zu viel? Und wie ist das überhaupt mit dem Schlaf? Ist das alles in Balance?
Dazu habe ich mir eingeladen, die Sportwissenschaftlerin und Fatigue-Coachin Dr. Sabrina Han eingeladen. Jetzt hätte ich fast gesagt Dr. Sabrina Fatigue. Nein, Dr. Sabrina Han. Und wir werden natürlich auch über Fatigue sprechen. Wie erkennt man die überhaupt? Und ja, was kann ich tun? Welche Regeln gibt es da vielleicht? Das ist ein ganz großer Bogen, den wir spannen werden. Und ich kann mir aber auch niemand besserem vorstellen als Sabrina. Und deswegen sage ich jetzt mal herzlich willkommen. Schön, dass du da bist.
[00:01:30.770] – Dr. Sabrina Han
Danke Nella für die Einladung. Ich dachte, jetzt kommt liebe Frau Huhn, so wurde ich auch schon auch gerufen.
[00:01:36.570] – Nella
Aber Frau Doktor Fatigue, damit könntest du, glaube ich, leben.
Dr. Sabrina Han
Damit kann ich sehr gut leben.
Inhaltsverzeichnis auf einen Blick
Wie kam Sabrina als Sportwissenschaftlerin zum Thema Fatigue?
Nella
Herzlichen Dank, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Das ist wirklich toll. Und was ich mich aber gefragt habe, natürlich habe ich mich intensiver mit dir befasst: Wie kann denn das sein, dass eine Sportwissenschaftlerin in diesem Thema landet? Du hast ja nicht originär, du bist ja keine Internistin oder du hast dich ja nicht damit auseinandergeladen oder bist auch keine Onkologin. Und irgendwie bist du ja in dieses Krebsthema so reingerutscht. Wie kam das denn?
[00:02:07.850] – Dr. Sabrina Han
Es ist wirklich reingerutscht, Nella. Es ist genauso, wie du es gesagt hast. Ich habe ja in Köln an der Deutschen Sporthochschule studieren dürfen und da gab es ein Seminar und da wurden immer Vorträge oder so Themen verteilt. Und da gab es ein Thema, das hieß „Alternative Methoden in der Krebstherapie.” Und da dachte ich: „Nella, ich habe keine Ahnung von Krebs. Alternativ, klingt cool, mache ich. Und dann bin ich tatsächlich in ein Projekt reingerutscht, wo der Professor Schüle zusammen mit dem Dr. Baumann, ja, mittlerweile auch Professor Baumann, mit Krebspatienten nach Norwegen gefahren ist, ein Friluftsliv zu machen. Friluftsliv, kennst du das Nella?
Nella
Ich weiß nicht. Was ist das? Nein.
Dr. Sabrina Han
Ja, Friluftsliv kommt so aus dem Nordischen und das sagt eigentlich wie so eine Lebensphilosophie. Du bist den ganzen Tag draußen außen unterwegs, aber ohne motorisierte Hilfe. Das heißt, du bist mit Skiern unterwegs, Skilanglauf. Du schnallst dir so einen Hundeschlitten da davor mit so einem Hund, mit so einem Husky und pest durch die Gegend. Du schnallst dir Schneeschuhe runter, du baust Iglus und schläft da drin. Wir hatten großartige zehn Tage da oben und ich habe gemerkt, wie gut das den Menschen mit Krebs tat, einmal rauszukommen Da runterzukommen. Einmal nur ich, nur ich, nur ich.
[00:03:34.630] – Dr. Sabrina Han
Nichts anderes. Und dann erinnere ich mich, der Herr Dr. Baumann und ich saßen abends irgendwann mal in der Eisbar, die wir uns gebaut hatten und haben gequatscht und ich habe gesagt: „Frerk, das ist genau der richtige Ansatz. Der, glaube ich, der ist sehr, sehr wertvoll für viele Betroffene. Aber zehn Tage, ganz ehrlich, du kannst den Ball so ein bisschen anstubsen, aber ein richtiges Momentum, glaube ich, baust du nicht auf. Dann habe ich gesagt: „Wie wäre es denn, wenn wir mehr Zeit einplanen? So 40 Tage ist ja immer so eine schöne Zahl, die überall so ein bisschen herumdümpelt. Und dann habe ich überlegt: Wie wäre es denn mit dem Jakobsweg laufen?
[00:04:14.290] – Nella
Ach, so bist du da hingekommen. Ich habe jetzt schon gerade gedacht: „Wie? Was ist denn? Ich weiß ja, dass du den Camino gelaufen bist und habe jetzt gedacht: „Wie passt denn das jetzt wieder zusammen? Aber da kam schon die Idee auf.
Die Idee zum Jakobsweglaufen
[00:04:27.950] – Dr. Sabrina Han
Genau, da kam schon die Idee auf und dann meinte Frerk noch mit so einem Lächeln zu mir: „Ja, ja, Sabrina, mach doch mal einen Projektantrag und dann schauen wir mal.” Als wir dann zu Hause waren, habe ich den Projektantrag geschrieben, bin zu ihm hin und habe gesagt: Okay, los geht’s. Und dann hatte ich auf einmal mein Diplomarbeitsthema und ich habe tatsächlich zwölf ganz mutige Frauen gefunden, die sich für dieses Pilotprojekt bereiterklärt haben, mitzumachen. Und ich habe noch viele Diskussionen gehabt mit dem Professor Schüle, ob die Frauen denn ihren Rucksack tragen können wegen dem Port und Lymphödemgefahr.
Aber die Rucksäcke sitzen ja nicht auf der Schulter, die sitzen ja auf der Hüfte, wenn du sie richtig einstellst. Fast alle Frauen von mir hatten Nordic Walking-Stöcke dabei, was ja auch das Lymphsystem noch mal besser präventiv beschützt, dass es besser geht. Du hast immer die Lymphpumpe an und dann sind wir losgestapft. Und ich weiß noch ganz genau, als wäre es gestern, Nella, die Anreise nach Saint-Jean-Pierre-de-Port in Südfrankreich, quasi noch nördlich der Pyrenäen, die ist echt ein bisschen beschwerlich. Wir sind mit dem Flugzeug und mit dem Bus und mit dem Zug mit einer Übernachtung und wir sind da durch die Städte und Dörfchen gelaufen und ich kam mir vor wie so eine Entenmama und alle Kücken, die watschelten so hinter mir her.
[00:05:44.990] – Dr. Sabrina Han
Und wir sind in Saint-Jean-Pierre-des-Port aus dem Zug ausgestiegen und auf einmal war ich das Kücken. Ab hier waren die Frauen so gut vorbereitet. Die wussten sofort: Was muss ich jetzt machen? Wo kriege ich den ersten Stempel in meinem Pilgerausweis her? Wo kriege ich meine Muschel her und wo geht der Weg überhaupt lang? Und da dachte ich: Okay, so kann das laufen. Und dann sind wir losgelaufen. Wir sind gar nicht zusammengelaufen, Nella, weil jeder hat seinen eigenen Rucksack, seine eigene Geschichte, seine eigene Krankheit. Und er macht da keinen Sinn, schon wieder Rücksicht auf andere zu nehmen, mit Tempo, mit Pausen, wo übernachte ich.
Erfahrungen und Begegnungen
[00:06:20.100] – Nella
Habt ihr das denn verabredet oder kam das einfach?
[00:06:22.730] – Dr. Sabrina Han
Nein, das war Voraussetzung. Ich habe gesagt, jeder soll sich völlig frei fühlen, entweder mit Partnern, Partnerinnen zu laufen oder aber auch alleine. Ich habe es empfohlen, aber ich habe wenig vorgegeben. Es gab keine Verpflichtungen auf dem Jakobsweg. Und da hat sich gezeigt am Anfang: Du läufst ja schon ein ähnliches Tempo. Und ich sage immer, du läufst in deinem Dorf, in der Gruppe. Und nachher zieht sich das ein bisschen und viele haben sich dann nach einer Woche mit Absicht abgekapselt von ihrer Gruppe, wirklich ganz allein zu sein. Du triffst immer andere Leute da, du bist nicht einsam, aber es ist auch mal gut, dann kannst du andere Themen anschneiden und bei Leuten, die du neu kennenlernst, nur das von dir frei oder preisgeben, was du möchtest.
[00:07:07.450] – Nella
Ich kann mir auch vorstellen, dass manche sich vielleicht dann auch von der Gruppe getrennt haben oder mal eine Pause für sich genommen haben. Dass du am Anfang denkst: Wir ziehen das jetzt hier irgendwie alle zusammen durch und dann merkst du, nein, ich mache das eben, wie du sagst, nach meinem Tempo und ich gönne mir auch mal eine Auszeit oder ich bieg hier auch mal links oder rechts ab, was auch immer. Das finde ich ganz spannend.
Das Interessante ist ja, dass ich auch HaPe Kerkeling. “Ich bin da mal weg.” gelesen habe, als ich in der Isolation war, während der Stammzelltransplantation. Und da habe ich das gelesen. Nein, beziehungsweise ich hatte ein Hörbuch und das hat mich unheimlich fasziniert und ich habe dann auch gedacht: Das würde ich auch gerne mal machen. Ich könnte es jetzt nicht, weil ich es kräftemäßig nicht schaffen würde. Da bin ich ziemlich fest von überzeugt. Auf jeden Fall wäre das ein Tort das so durchzuziehen.
Und das schließt sich jetzt auch an das an, was ich dich jetzt fragen wollen würde, weil wir werden ja auch hier mehr über Fatigue sprechen und diese Bewegung, das ist ja was, also diese Camino-Bewegung, so nenne ich es jetzt mal, wo du extrem auf dein eigenes Pacing, das, was wir gerade ja auch gesagt haben, achten musst.
Die drei Phasen der Verarbeitung auf dem Camino
[00:08:13.440] – Dr. Sabrina Han
Also muss, kannst. Du hast die Freiheit dazu einfach und das hast du oder haben viele das Gefühl im Alltag, nicht zu haben. Sie erlauben sich es vielleicht auch selber nicht. Und auf dem Camino, wenn du wirklich, und guck mal, wir waren 2007, 2008, waren wir unterwegs, da war das alles noch ein bisschen anders mit den Handys und mit dem W-LAN und mit dem Empfang. Und du musstest auch keine Angst haben, weil es so weit weg von zu Hause war, dass jemand von deiner Familie hinter der nächsten Ecke vorgesprungen kam oder so.
Du warst wirklich komplett mit dir und mit keinem anderen da und das tat einfach so gut. Und ich habe beobachtet, dass viele von den Frauen so drei Phasen durchlaufen sind. Und die Phasen, die wirst du wiedererkennen, in der Krankheitsverarbeitung. Für mich ist ganz spannend zu sehen, die ersten zwei Wochen waren sehr traurig. Viele haben geweint, das sind so Erinnerungen hochgekommen. Und die dritte und vierte Woche, da waren die im Hier und Jetzt. Die eine Frau hat gesagt, ich habe auf einmal Blumen am Wegesrand gesehen. Die habe ich die ersten zwei Wochen nicht gesehen, aber die waren natürlich auch da.
[00:09:23.320] – Dr. Sabrina Han
Und die letzten zwei Wochen, Woche fünf und sechs, da war schon so okay, „Hey, langsam nimmt das hier ein Ende. Wo geht es mit mir hin? Was nehme ich mit nach Hause? Was verändert sich?” Megaspannend zu beobachten.
Pacing und Optimierung
[00:09:37.280] – Nella
Also wenn ich das so höre, denke ich mir: Hm, vielleicht sollte ich doch noch mal das Projekt angehen. Man kann ja auch so Teilbereiche gehen. Und das mit dem Pacing und dem loslassen können. Ich glaube, das ist sowieso so eine Schwierigkeit. Auf der einen Seite sind wir immer so, dass wir alle in so einem Art Optimierungswahn sind. Auf der anderen Seite, was für mich eher negativ konnotiert ist, weil ich es manchmal echt ein bisschen übertrieben finde.
Auf der anderen Seite ist es dann gerade bei dem Thema Fatigue – wir kommen gleich auch noch mal dazu, wie man das vielleicht für sich erkennt –, dass es sehr sinnvoll sein kann, Pacing für sich anzunehmen und seinen eigenen Rhythmus eben zu finden. Das sind für mich so zwei Pole und wahrscheinlich sind es aber auch zwei verschiedene Motivationslagen.
[00:10:23.790] – Dr. Sabrina Han
Absolut.
Wann spricht man von Fatigue?
[00:10:24.780] – Nella
Fatigue selbst, das zu erkennen. Ich habe mich auch mal gefragt: Hatte ich denn eigentlich Fatigue. Ich war natürlich erschöpft durch die Chemozyklen, die ich bekommen habe, habe das aber auch immer damit in Zusammenhang gebracht und nachher dachte ich so na ja vielleicht war das ja schon auch eine Form von Fatigue, weil ich habe dann immer drei Tage gebraucht, bis ich mich davon erholt hatte und dann ging es mir langsam wieder besser und als es mir richtig gut ging, kam der nächste Zyklus. Aber ist das schon eine Form von Fatigue? Was würdest du sagen?
[00:10:55.860] – Dr. Sabrina Han
Auf jeden Fall. Man beobachtet in Studien, dass 90% der Betroffenen, die in einer Akuttherapie sind, wo die sich noch befinden, unter Fatigue leiden. Also es ist überhaupt keine Seltenheit. Und du merkst das daran, dass das nicht so eine Müdigkeit ist, wie du sie von vorher kennst. Es fühlt sich ganz anders an. Und ich selber, ich meine, ich arbeite seit drei Jahren sehr eng mit Fatiguebetroffenen zusammen, merkst du immer wieder, es ist gar keine Müdigkeit.
Es ist wirklich eine Erschöpfung, eine ganz tiefe Erschöpfung. Und das ist total spannend: Wenn ich mit denen telefoniere vorher, dann sagen fast alle genau dieselben Worte, die sagen, es ist eine bleierne Müdigkeit. Also etwas, was dich nach unten zieht, was dir die Augen zudrückt, was schmerzhaft ist, schwere Arme, schwere Beine. Und ja, das ist so das Körperliche. Du hast ein sehr hohes Ruhebedürfnis, aber der Schlaf ist nicht erholsam. Da beißt sich irgendwie so die Katze in den Schwanz. Und das ist das Körperliche. Fatigue. Ich sage immer, das ist so wie Wasser. Das drängt sich so in jeden Spalt, in jede kleine Lücke von deinem Alltag. Und wenn du auf die kognitive Ebene schaust, das ist enorm.
[00:12:13.650] – Dr. Sabrina Han
Wortfindungsstörungen, Aufmerksamkeitsstörung,Konzen-trationsstörung, absolute Dünnhäutigkeit, was so Reize angeht. Autofahren wird auf einmal extrem anstrengend. Jemandem zuzuhören und dem Gespräch aktiv zu folgen, kann eine große Herausforderung sein und sehr anstrengend sein. Und dann hast du das Soziale, die Menschen, die drumherum denken: Jetzt hast du irgendwie, wenn du in der Nachsorge bist, „Jetzt hast du die Therapie geschafft. Herzlichen Glückwunsch, du hast den Krebs besiegt, du siehst wieder super aus, du hast Farbe in dein Gesicht, du hast wieder ein paar Haare auf dem Kopf. Jetzt kannst du ja weitergehen, wie vorher.” Und die meisten denken sich so irgendwie nicht.
„Chemo-Brain“ oder „Fatigue-Brain“?
[00:12:52.520] – Nella
Das ist ja eins meiner Lieblingsthemen. Genau, diese Erwartungen, die dann da auf dich niederprasseln, die du ja selber auch hast. Sodass du denkst, jetzt geht es wieder Gott sei Dank, das Thema ist vorbei. Und ich hatte zum Beispiel während der Therapie gar nicht so mentale Tiefs. Ich hatte sie danach, ein halbes Jahr später, da hat es mich aber so was von dermaßen aus den Schuhen gekippt. Dass das wahrscheinlich auch so ist, dass der Körper erst mal ganz schön viel leisten muss und da die ganze Energie hingeht. Und wenn das überstanden ist, dann ist einfach die Seele dran und dann kommt eben alles über dich.
Aber es reden ja immer viele von Chemo-Brain. Vielleicht kann man ja fast sogar eher sagen, Fatigue-Brain, dass es eher daherkommt. Mir sagt ja mal ein Arzt: Ja, Chemo-Brain, das gibt es ja gar nicht. Das wäre wissenschaftlich gar nicht erwiesen. Da habe ich gedacht: Ja, wie was? Erst mal ist es ja eigentlich egal, wie man es nennt. Es ist ja erst mal wichtig, was das für Patientinnen und Patienten bedeutet. Aber das war so, als wäre ich vor so eine unsichtbare Wand gelaufen und ich dachte so: „Moment, bin ich denn da falsch mit meinem Gefühl?” Das kann doch gar nicht sein. Da war ich ein bisschen erschrocken, muss ich sagen.
„Was ist Fatigue für dich?“
[00:13:59.930] – Dr. Sabrina Han
Da gibt es einen Fachbegriff für Medical Gaslighting und das erfahren Fatigue-Patienten regelmäßig. „Ja, stell dich nicht so an und wenn ich den ganzen Tag auf dem Sofa liege, wird es mir auch nicht besser gehen. Mach doch mal Sport, schlaf dich mal richtig aus” und so. Da kriegst du ja die tollsten Tipps, das kennst du, mit was du da nicht alles probieren kannst.
Wäre Fatigue so einfach, würden nicht so viele da dran sitzen. Und das macht mit denen so viel emotional aus. Das ist wirklich der Wahnsinn.
Du weißt, ich mache Fatigue-Coaching und in der ersten Session mache ich immer einfach so ein Whiteboard auf. Dann frage ich: „Was ist Fatigue für dich? Und ich tippe und die dürfen einfach lossprudeln. Und dann sortiere ich das immer so und nachher geben wir denen Überschriften und dann sehen wir, da wo die emotionalen Sachen stehen, das ist mit Abstand die längste Liste. Das ist wirklich Wahnsinn. So Angst, Wut, Frust. Warum klappt das nicht wie vorher? Hoffnungslosigkeit. Also das ist ganz, ganz groß.
[00:14:59.460] – Nella
Was du ja auch sagst, was ich auch sehr, sehr wichtig finde, dabei zu gucken, wo gebe ich denn meine Energie überhaupt hin? Also dieses Energiemanagement. Wenn ich mich die ganze Zeit damit beschäftige, warum geht das denn nicht? Gibt es denn so ein paar Tipps, die du geben kannst zum Thema Energiemanagement ?
Ein paar Tipps zum Energiemanagement von Sabrina
[00:15:15.980] – Dr. Sabrina Han
Ja, beobachte dich erst mal. Nella, nichts ist wie vorher nicht. Wirst du mir fett unterstreichen können? Nichts ist wie vorher und du bist überhaupt nicht wie vorher. Da darfst du dich erst mal neu kennenlernen. Ich arbeite da immer mit einem Energietagebuch, dich erst zwei, drei Wochen zu beobachten, wann hast du wie viel Energie, das dir einmal vor Augen zu führen? Weil ganz ehrlich, wenn du im Laufe des Vormittages wenig Energie hast, ist es dann sinnvoll, jetzt einkaufen zu gehen? Vielleicht eher nicht. Und dann erkennst du, okay, ich kann anhand meines Energieverlaufes zum einen meinen Tag planen, zum anderen kann ich aber auch sehen, was nimmt mir denn besonders viel Energie? Ah, Es sind die Arztbesuche. Ah, es ist das Einkaufen gehen. Immer wenn ich Person XY treffe, ist bei mir danach aus die Maus.
Und dann kannst du gerne mal reingehen und gucken, was genau ist es denn, was mir die Energie saugt? Und dann kannst du ins Thema Pacing einsteigen, was du gesagt hast. So energiesparwende, nenne ich das immer. Und dann kannst du gucken, was kannst du tun, damit das für dich leichter wird, damit es einfacher wird, damit du Energie sparen kannst. Weil das ist so wichtig, in dem Moment, wo du Energie sparst, sehe ich immer wieder, kommen die Betroffenen in ihr Energiefeld, in dem es einfach okay ist für sie zu sein.
[00:16:39.910] – Dr. Sabrina Han
In dem Moment, wo sie über ihre Grenzen gehen oder gegangen werden, gebracht werden, zieht jemand den Stecker raus. Dass jemand unter seinen Grenzen bleibt, sehe ich sehr, sehr, sehr, sehr, sehr selten. Okay, da mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Aber in dem Moment, wo sie mit dem Pacing schaffen, in ihre Energiespektrum zurückzukommen, geht es ihnen schon viel besser, Nella. Und ich sage immer: Hey, das fühlt sich doof an, jetzt nicht mehr die Treppen nehmen, sondern absichtlich die Rolltreppe oder den Fahrstuhl zu nehmen, nicht eine Station eher auszusteigen, sondern wirklich mit dem Auto vor die Haustür zu fahren, Aber dadurch kannst du dir viel mehr Sachen möglich machen. Und dann ist halt nicht der Akku alle, wenn es 14 Uhr sind und 15 Uhr kommen die Kinder erst nach Hause.
Der Trainingsgedanke allein hilft nicht unbedingt weiter
[00:17:24.450] – Nella
Weißt du, was ich da aber auch immer denke? Da ist immer so dieser Trainingsgedanke im Hinterkopf, dass wir dann immer denken, Ich muss es einfach immer wieder trainieren. Ich habe es ja jetzt verlernt. Und so sind wir ja im Grunde auch alle erzogen. Ja, du musst halt dranbleiben. Aber wir wissen ja auch als Krebspatienten, es geht mal hoch und dann geht es wieder runter und dann bist du sogar tiefer als vorher und dann ist ja keine lineare Steigerung deiner Energieleistung oder überhaupt des ganzen Wohlbefindens und deiner Kapazitäten, was auch immer. Es ist ein Auf und Ab und es ist immer unterschiedlich.
Was mir noch einfällt dazu, ist ein Satz, den hat ein Freund von mir, das ist auch ein Onkologe, der sagt: Na ja, Nella, as ist ganz einfach. Wir alle heben sehr, sehr gerne von unseren Konten Geld ab. Aber das Einzahlen, das ist viel, viel schwieriger. Dieses Bild, das fand ich ziemlich klasse, weil das genau das ist, was viele einfach machen. Ich ja auch! Also ich gehöre absolut dazu. Wenn ich mal merke, es geht besser, dann versuche ich, alles aus dieser Zeit rauszuquetschen, was irgendwie nur möglich ist und habe dann nachher den Salat.
Finger weg vom „Energie-Ping-Pong“
[00:18:26.750] – Dr. Sabrina Han
Das hast du sehr schön gesagt. Ich nenne das “Energie-Ping-Pong“ spielen. Dir geht es einen Tag besser und du haust alles raus, was geht. Ich arbeite hier mit Energiepäckchen oder mit Löffeln. Es gibt ja die sehr schöne zwölf-Löffel-Theorie (siehe Link in den Shownotes). Und dann haut es dich natürlich wieder runter. So, dann geht nichts mehr.
Da musst du dich ausruhen und wirklich pacen ohne Ende. Ja, und dann sammelst du wieder Energie und dann geht sie wieder besser und dann fängt das Spiel von vorne an. Das fühlt sich nicht gut an auf die Dauer. Und dann kommt das Gefühl, ich habe keine Kontrolle mehr über meinen Tag, ich habe keine Planbarkeit mehr und den kannst du aber vorbeugen, indem du dich wirklich beobachtest, Pacing anwendest und dann ganz gezielt damit arbeitest.
Und du weißt, ich bin Sportwissenschaftlerin und die Energie, die du durchs Pacing freischaufelst, die investierst du in Alltag mit Absicht investierst du in körperliche Aktivität und nicht „Mach mal mehr Sport!”, Nella, weil das ist nicht fatiguegerecht, sondern wirklich Samthandschuh von unten, von neu anfangen. Was tut dir gut? Was Was macht dir Spaß? Was ist ganz einfach einzubauen in deinen Alltag, Nella? Weil wenn ich dir sage, du musst jetzt ins Schwimmbad fahren, bis du im Wasserbecken bist, sind deine Löffel schon verbraucht und dann hast du nicht mehr so viel Kraft und du musst ja auch noch schwimmen und alles wieder zurück in den Raum, Dusche, kalte Umkleide, zum Autofahren.
[00:19:52.160] – Nella
Schwimmen würde bei mir gar nicht funktionieren. Das kann ich schon mal sagen. Alles, was auf dem Wasser ist, okay. Segeln wäre okay, aber schwimmen, no way. Also Kachelen zählen ist überhaupt nicht mein Sport. Für andere, wenn dir das vielleicht zutrifft, okay. Da vielleicht auch mal drüber nachdenken:
Wie viel Energie muss ich überhaupt aufwenden, um da erst mal hinzukommen und vielleicht dann erst mal was anderes auszuwählen, wie zum Beispiel spazieren zu gehen. Da ziehst du einfach mit vielem Schuh an und machst das so, wie das gerade in deinen Tagesrhythmus passt. Es ist nicht so ganz einfach, aber Sabrina hat jetzt schon so ein paar Tipps hier rausgehauen. Was noch dabei ist, ist ja dieses „30-30, so eine 30-30-Methode. Was ist das denn genau?
Was ist die 30-30-Methode?
[00:20:33.960] – Dr. Sabrina Han
Genau, die 30-30-Methode sagt, dass du 30 Sekunden dich belasten sollst und 30 Sekunden Pause machen sollst oder auf jeden Fall runterfahren sollst mit der Intensität. Und ich sehe jedes Mal bei Betroffenen, die das anwenden, zum Beispiel mit dem Hund Gassi gehen oder zum Supermarkt laufen, dass wenn sie diesen Tempowechsel drin haben, dass sie viel länger durchhalten. Und die kommen am Supermarkt an oder nach der Gassirunde, was auch immer, und sind bei weitem nicht so erschöpft wie vorher. Und das sind diese kleinen Rädchen, die man einfach wissen sollte beim Training. Ich meine, wenn du dich schon aufraffst und trainierst, soll das doch bitte am gewinnbringendsten für dich sein, wie möglich.
[00:21:17.020] – Nella
Ja, aber wie sagst du das jetzt, Frau Nella-Ungeduld? Alle 30 Sekunden eine 30-sekündige Pause zu machen? Ich glaube, schon beim Zuhören kriege ich eine Krise.
[00:21:27.000] – Dr. Sabrina Han
Also wenn du Fatigue hast, Nella, und das ausprobierst, weil du bei mir im Coaching bist und mich magst und dann wirst du das auf jeden Fall ausprobieren und du merkst, dass es dir so viel besser tut, wirst du es beibehalten. Es wird mal mehr verloren gehen, dann wird es dich wieder daran erinnern, dann bist du wieder dabei. Es gibt wunderschöne Pulsmethoden, die du anwenden kannst und das wird jetzt aber vielleicht ein bisschen tief führen, aber wirklich, Sport ist nicht Sport, aber es ist sehr wichtig, weil es das Einzige, was wirklich wissenschaftlich evaluiert ist, was dich da langfristig wieder rausholt.
Und du hattest eben gesagt, das ist so ein Auf und Ab. Ja, ist es, besonders bei Fatigue. Jeder Tag ist nicht gleich, aber dennoch, wenn du dir das Energieprotokoll zum Beispiel, nicht nur für ein paar Wochen führst, sondern vielleicht auch mal monatelang oder ein Jahr. Ich habe heute Morgen erst mit einer Coachee, mit meiner Fatigue Sie von mir gesprochen, die war vor anderthalb Jahren in meinem Coaching. Sie meint, das ist der Wahnsinn, wenn sie sich jetzt betrachtet, wo sie steht vor anderthalb Jahren. Und dann ist es so eine gaaanz langsame Steigerung, die sich da einschleust, die du in dem Moment nicht merkst, aber auf den Zeitraum gesehen ist sie da.
Meine Erfahrungen mit dem Intervall-Training
[00:22:35.820] – Nella
Also ich kann das auch aus einer anderen Erfahrung bestätigen. Ich war ja Marathonläuferin, das ging jetzt nicht mehr, aber ich mache dann schon so Power-Walking. Jetzt im Moment noch nicht, aber ich baue das jetzt wieder auf. Aber wir haben in der Reha gelernt, dieses Intervalllaufen. Also eine Minute gehen, eine Minute laufen. Und dann wurde das immer erweitert. So habe ich innerhalb von vier Wochen, konnte ich wieder eine halbe Stunde am Stück laufen und das war irre. Und ich bin nach Hause gekommen und bin wieder meine fünf Kilometer gelaufen.
[00:23:08.100] – Dr. Sabrina Han
Ja, 30-30 ist nicht okay, aber eine Minute, eine Minute, das machst du. Ja, interessant, interessant (lacht).
[00:23:13.940] – Nella
(Lacht) Ja, genau. Ich hatte dann keine Pausen mehr. Also ich konnte das durchlaufen. Das war natürlich auch in der Gruppe und dann Sport und allen anderen. Aber das hat enorm was gebracht. Das Intro war ja der Körper ist der Boss, der hat das auch gar nicht zugelassen, also länger zu laufen Das war eine sehr, sehr spannende Erfahrung für mich, muss ich sagen. Ich habe da auch sehr viel gelernt.
Was ich ja auch interessant finde, dass du sagst, weil ich mich ja gefragt habe: „Hatte ich Fatigue? „okay, jetzt haben wir das abgeklärt. hatte ich tatsächlich, dass Fatigue sogar umgekehrt ein Vorbote sein kann für eine Krebsdiagnose. Das finde ich ja sehr spannend. Manchmal fragt man sich ja: „Wann hat das denn angefangen? Oder „Wo waren denn die ersten Zeichen? Vielleicht können wir das Rätsel ein bisschen lüften.
Wann beginnt Fatigue?
[00:23:58.300] – Dr. Sabrina Han
Genau, und da, genau bei dieser Frage, die ich ganz oft stelle: Seit wann hast du denn diese Erschöpfung? Seit wann spürst du das denn in dir? Und wenn man da mal ein bisschen mehr nachholt, kommt manchmal, nicht immer, aber manchmal dann: Also, jetzt, wo du fragst, Sabrina, ganz ehrlich, war ich schon Monate vor der Diagnose so erschöpft.
Und dann bist du aufmerksam und dann mukelst du rum und nach ein paar Wochen oder Monaten denkst du, irgendwie ist was nicht normal und dann gehst du zum Arzt und lässt das mal checken und dann irgendwann hast du die Dediagnose da liegen. Und Krebszellen brauchen unheimlich viel Energie und Krebszellen fragen nicht, wo sie die hernehmen dürfen. Die nehmen sie sich die einfach. Darum kann das schon sein, dass Fatigue schon vor der Diagnose da ist tatsächlich.
[00:24:45.290] – Nella
Ja, es gibt ja auch diese berühmte B-Symptomatik und da war ich natürlich extrem drin. Ich konnte nachher nur drei Kilometer am Stück laufen, obwohl wie gesagt, Marathon, da machst du natürlich mehr, auch im Training. Und da dachte ich immer: Was ist denn hier los? Und ich habe vorher Flamenco getanzt. Ich habe immer gesagt, das war nachher eher so “Sitztanzen”. Ich brauchte immer Pausen. Ich denke: Was ist denn jetzt los?
Oder die Treppe zu meinem Büro hoch, ging gar nicht mehr. Ich war völlig fertig. Ich habe mich so plumpsen lassen auf meinen Bürostuhl. Das war schon zu erkennen, aber dann suchen alle immer in verschiedene Richtungen und sagen dann: Okay, es ist die Menüpause? Es sind deine Hormone? Es ist der Stress, es ist dies, das, jenes.
[00:25:24.170] – Dr. Sabrina Hann
Da sind wir beim Bullshit-Bingo.
[00:25:25.930] – Nella
Genau, deswegen kann ich das sehr, sehr gut unterschreiben. Da war das bestimmt schon Das war sicher schon ein Dreivierteljahr vorher, hatte das angeklopft. Wenn man da die richtigen Behandler gehabt hätte, also ich in dem Fall, wäre das sicher aufgeführt. Dein Körper gibt dir Signale, das ist auch mal eine wichtige Botschaft, finde ich, einfach darauf zu hören, was dein Körper dir sagt. Wir haben das mit der Bewegung schon ganz gut ausgelotet beziehungsweise die Vorteile der Bewegung wäre vielleicht auch noch mal ganz gut, da hinzukommen.
THINK SMALL
[00:26:01.700] – Dr. Sabrina Han
Oh, Nella, wow. Also, das mit dem Tempo, das würde ich ganz nach hintenanstellen. Wirklich, das ist, wenn du überhaupt eines der letzten Rädchen an den Dreh drinnen solltest, dein Training zu steigern. Also körperliche Aktivität ist auch Geschirrspüler ausräumen, ist auch mit dem Hund Gassi gehen, ist auch Fensterputzen, Kinder toben, Staubsaugen, all das zählt auch damit rein. Und wenn du es schaffst, drei Minuten deinen Flur vom Wohnzimmer zum Badezimmer hin und her zu laufen,
Wenn das für dich so ist, dass das schon grenzwertig ist, dann ist das gut. Gut, dass du das gemacht hast, egal in welchem Tempo. Wenn das nicht geht, stell die Hocker zwischendurch auf, dass du Pause machen kannst. Also wirklich “think small”. Denke wirklich klein bei Fatigue und dann steigere dich in Minischritten nach oben.
[00:26:50.210] – Nella
Ich muss mich an dieser Stelle mal ganz schnell aus dem Off melden, denn was ich mit Tempo meinte, war nicht die Geschwindigkeit, sondern der Flow. Das möchte ich hier noch mal erklärend ergänzen. Jetzt geht es hier aber weiter mit der Tonspur und unserem munteren Gespräch.
[00:27:06.090] – Dr. Sabrina Han
„Bewegung ist das wertvollste Medikament.“
Ich frage dich zurück, Nella, was kann Bewegung nicht leisten? Bewegung ist das wertvollste Medikament, was du nehmen kannst. Wirklich Bewegung. Wir haben ja vorhin über die vier Ebenen gesprochen: körperlich, kognitiv, emotional, sozial. Die körperliche Aktivität wirkt überall. Natürlich macht es dich fitter, stärker, leistungsfähiger, du wirst beweglicher. Alle Sachen, die dir sofort in die Augen springen. Aber auch deine Motorik wird besser.
Deine Muskulatur arbeitet energiesparender zusammen. Alle mit Fatigue aufgepasst. Koordinationstraining, ganz, ganz toll. Was noch? Du wirst geschmeidiger, du hast wieder einen Körperbezug, du nimmst deinen Körper anders wahr. Auch weg von dem Blickwinkel: Was kann er alles nicht mehr zu was kann er noch leisten, was schafft er noch? Ich habe selber etwas in der Hand, dieses Empowerment, weißt du?
Ich kann es den Sport auch für dich machen, Nella, ganz ehrlich, aber die wird es natürlich nicht helfen. Heißt aber auch, du musst es bitte selber machen. Du bist frei von allem Äußeren und nur du kannst das wirklich einschätzen und somit auch sinnvoll steuern, denn du, keine Ahnung hast, wie Trainingssteuerung geht, hol dir jemanden, der da an der Seite steht und dich begleitet. Du kannst das mit anderen zusammen machen. Dann bist du gleich im sozialen Kontext.
Du hast mal was anderes über, das du schnacken kannst. Du siehst mal was anderes, du kommst raus. Also emotional! Es gibt Hoffnung. Es gibt so tolle Studien auch mit Brustkrebspatientinnen, die geklettert sind an der Kletterwand. Und du stehst vor dieser Kletterwand und denkst: Da oben, da komme ich nie an, Nella. Und irgendwann schaffst du es. Und das sind Sachen, die körperliche Aktivität kann. Und das ist ganz, ganz toll.
Laufbewegung unter der Bettdecke
[00:28:50.110] – Nella
Weißt du, was mir passiert ist? Also hier laufen immer alle raus in den Grunewald unter meinem Balkon und als ich dann da gelegen habe, klar, war ja an Training in keinster Weise in irgendeiner Form zu denken. Aber während ich da lag und die dann hörte, wie die da vorbeiliefen, ihre Trainingsrunde zu machen, bin ich gedanklich mitgelaufen und das war so ein toller Glücksmoment. Also bin ich in Gedanken meine Strecke gelaufen, die ich sonst immer laufe. Und da habe ich auch gemerkt, das hat mich total beflügelt. Das fand ich fast ein bisschen spooky.
Dann habe ich gemerkt, wie ich meine Füße unter der Bettdecke auch bewege. Und da hat mir dann nachher ein Arzt gesagt: Ja, das macht auch schon viel aus, selbst wenn du es nicht schaffst, das auf die Piste zu bringen, diese gedankliche Leistung, das zu adaptieren und sich vorzustellen, dass du da jetzt durch den Wald läufst, den Boden wahrnimmst, das Abfedern, die Vögel hörst und so weiter. Also ich war wirklich voll drin in diesem Tunnel. Das macht auch eine Menge aus.
[00:29:52.090] – Dr. Sabrina Han
Ganz gut. Das ist mentales Training, was du beschreibst. Macht jeder Spitzensportler. Warum? Weil es einen ganz großen Effekt hat. Nicht nur kognitiv, sondern auch körperlich. Und wenn es einen kognitiven körperlichen Effekt hat, dann wäre es, dumm zu denken, das hat keinen emotionalen Effekt.
Bewegung und Schlaf – eine super Partnerschaft
[00:30:06.830] – Nella
Gedanklich war ich da fitter, als mein Körper mir signalisieren wollte. Was du ja auch machst, dass ich auch spannend finde, also auch diese Kombination Bewegung-Schlaf. Wenn ich dich richtig verstanden habe, hast du darüber auch deine Doktorarbeit geschrieben, über den Schlaf, oder bin ich da jetzt falsch informiert?
[00:30:25.790] – Dr. Sabrina Han
Es war ein Teil davon, genauso wie Fatigue ein Teil davon war. In das Thema Schlaf bin ich tatsächlich erst Jahre später gekommen, als ein Freund mir das Buch von Mattie Walker, “How We Sleep”, also das große Buch vom Schlaf, in die Hand drückte und ich dachte: Oh, Nella, ich bin jetzt nicht so die Leseratte, aber ich gucke da gerne mal rein. Und als ich dieses Buch gelesen habe – es ist sehr wissenschaftlich populär geschrieben, also liest sich sehr leicht, dieses Buch –, dachte ich: Wie kann das denn sein Du hast ein Diplom und einen Doktortitel in Sportwissenschaften und hast fast keine Ahnung über die größte Quelle deiner Regeneration. Und da dachte ich: Heidewitzka, ich glaube, da darf ich mich ein bisschen mehr mit beschäftigen.
Und dann habe ich das echt lange getan, habe mich ausbilden lassen zur Schlafexpertin und bin da wirklich tief reingestiegen. Und ich merke auch hier, noch mal den im Zusammenhang zum Thema Fatigue zu finden: „Das ist so schwierig, etwas zu ändern, aber es ist nicht unmöglich. Und wenn du morgens aufwachst und dein Akku ist nicht nur 15, sondern zu 20% gefüllt ist, hast du schon so viel gewonnen, nämlich 5%.
[00:31:44.670] – Dr. Sabrina Han
Und da ist ganz spannend, was Schlaf für Bewegung machen kann. Wenn du gut schläfst, kannst du viel besser trainieren. Das ist Wahnsinn, was da alles passiert, aber auch was Bewegung für den Schlaf machen kann. Es ist eine super Partnerschaft, die beiden.
[00:31:59.290] – Nella
Wenn ich am Tag das richtig hingekriegt habe mit dem Pacing und ich weiß nicht, was allem, dann meinst du, hat das auch Auswirkungen auf die Qualität meines Schlafes?
[00:32:08.650] – Dr. Sabrina Han
Definitiv. Und umgekehrt, ganz klar.
[00:32:11.470] – Nella
Und dann fange ich doch vielleicht einfach mal mit dem Schlafen an, dass ich w Da werde im Schlafen und dann funktioniert das mit der Bewegung vielleicht ganz einfach.
[00:32:19.220] – Dr. Sabrina Han
Also das ist Hühner Ei, was da als erstes ist und kannst du dir ausrufen?
[00:32:23.330] – Nella
Ja, ich wollte jetzt mal ganz bequem machen. Warum nicht?
[00:32:25.980] – Dr. Sabrina Han
Such dir den Zugang, Nella, der dir am einfachsten fällt und der für dich am sinnvollsten ist. Nicht wahr, smarte Zielmethoden setzen und dann bist du da viel besser committed dabei.
Was macht der Schlaf genau?
[00:32:36.620] – Nella
Aber was macht der Schlaf genau? Also klar, wir regenerieren darüber. Und was ja gerade ist, wenn wir an Krebs erkranken, ist natürlich, dass der Schlaf sehr unruhig ist und teilweise auch durch Albträume geschüttelt. Das heißt, wenn ich meinen Tag anders gestalte, sodass ich abends besser schlafe, könnte ich da auch drauf einwirken über diesen Weg.
[00:33:01.480] – Dr. Sabrina Han
Definitiv. Guck mal, Albträume kommen ja, weil du besondere Momente hast, die du sehr verarbeiten musst oder die dich beschäftigen. Und das ist ja mit einer Krebstherapie, mit einer Krebsdiagnose überhaupt nicht überraschend. Und deswegen, wenn du dich …
… Pass auf. Du kannst dir solche Ängste, Sorgen, Nöte, die da hochkommen, vorstellen wie kleine Kinder. Kennst du kleine Kinder, Nella?
„Tatütata“ und unterdrückte Gefühle
[00:33:22.960] – Nella
Ja, ich habe drei, die inzwischen groß sind.
[00:33:25.410] – Dr. Sabrina Han
Du hast drei? Sehr gut. Wie heißt das Kleinste?
[00:33:28.140] – Nella
Caspar.
[00:33:28.690] – Dr. Sabrina Han
Caspar. Stell dir doch mal vor, als der Casper, als der damals noch so süße drei war. Hast du so ein Bild im Kopf? Kleine süßer Caspar.
[00:33:37.200] – Nella
Super Trotzphase, der kleine süße Caspar mit drei.
[00:33:40.380] – Dr. Sabrina Han
Fantastisch. Genau das brauchen wir jetzt für die Erklärung. Pass auf. Caspar kommt zu dir und sagt: „Guck mal, Mama, und zeigt dir das Feuerwehrauto und möchte auf den Knopf drücken und die zeigen, dass das Feuerwehrauto was macht.
[00:33:51.840] – Nella
Tatütata.
[00:33:52.680] – Dr. Sabrina Han
Tatütata. Und zwar zum hundertsten Mal will er dir das zeigen. Und Nella, wir alle sind Mütter und wir alle sind Menschen zeitgleich und wir wollen es einfach gerade nicht sehen. Oder wir haben keine Zeit oder keine Lust oder wir sind beschäftigt und wir sagen: „Caspar, ich gucke gleich. Gib mir kurz Zeit.”
[00:34:08.640] – Nella
Mein Caspar macht das nicht.
[00:34:11.370] – Dr. Sabrina Han
Und der Caspar kommt wieder, genau. Ist er lauter oder leiser?
[00:34:15.190] – Nella
Der ist sehr laut.
[00:34:17.750] – Dr. Sabrina Han
Ja, laut. Und wird er ruhiger oder wilder? Wilder nicht wahr. Und dann sagst du noch mal: „Boah, Caspar, ich muss nur noch kurz die Nachricht hier zu Ende tippen oder das Schnitzel umdrehen oder was auch immer. Und Kasper wird noch lauter und wilder.
[00:34:30.910] – Nella
„Oh, beim Schnitzel, da hätte ich ihn..
[00:34:32.820] – Dr. Sabrina Han
Sehr schön. Und dann zeigt er dir, dass dieses Feuerwehrauto das Tatütata macht. Und genau so sind unsere Gedanken. Wenn wir sie tagsüber die ganze Zeit wegdrängen Emotionen, die hochkommen, Ängste, Sorgen, die hochkommen, dann werden sie sich einen Zeitraum suchen, wo du nicht weg kannst, Nella. Und was gibt es für einen schöneren Ort als nachts im Bett, wo es, wo du zuhören musst, wo deine Hormone so gestellt sind, dass alles noch dramatischer und trauriger ist, als es eigentlich ist. Das ist das eine, was du aus der Geschichte lernen kannst. Und das andere: War es für Caspar wichtig, dir das zu hundertsten Mal zu, Nella?
[00:35:16.530] – Nella
Ja, anscheinend schon.
[00:35:17.600] – Dr. Sabrina Han
Anscheinend schon. Für dich?
[00:35:19.790] – Nella
Ja, so semi, ne.
Nachts im Bett ist ein schlechter Zeitpunkt für schwere Gedanken
[00:35:25.730] – Dr. Sabrina Han
Das hast du galant ausgedrückt. Genau. Und manchmal verstehen wir die Priorität, die Bedeutung nicht den Gedanken, Ängsten, Sorgen, die da hochkommen, aber sie haben ihre Daseinsberechtigung. Alles ist okay und wir dürfen uns damit auseinandersetzen und dem Raum und Zeit geben. Aber Raum und Zeit nachts im Bett zu geben ist ungünstig, wie du gemerkt hast. Deswegen such dir doch tagsüber einen Raum, einen Zeitraum, wo du dem Ganzen einfach mal ein bisschen Platz schaffst, wo das hochkommen darf, wo alles rauskommen darf, weil alles ist okay.
Schreib es auf, alles, was du in Worte fassen kannst und aufschreibst, ist so viel klarer, als wenn es nur den ganzen Tag in deinem Kopf herumspuckt. Und Klarheit führt immer. Und dann kannst du es aufschreiben, du kannst es danach zerknüllen und wegschmeißen, du kannst es verbrennen, du kannst einfach sagen: Okay, ich lege dich jetzt hier in die Schublade und morgen gucke ich dich wieder an.
Gedankenhygiene für die Schlafhygiene
[00:36:17.610] – Nella
Ja, also so Gedankenhygiene für die Schlafhygiene, oder wie?
[00:36:21.600] – Dr. Sabrina Han
Ganz genau. Und da bleibt es nicht nur bei Gedanken, da darf alles raus, vor allem die Emotion. Auf der anderen Seite ist so was sehr sinnvoll, im Traum zu verarbeiten, weil der Traum, der hat … Du hast mich ja gefragt, was der Traum oder der Schlaf für uns kann.
Der Traum kann wunderbar Emotionen verarbeiten. Und zwar sind es ja meistens Dinge oder Situationen, die ganz eng mit Emotionen verknüpft sind. Und jedes Mal, wenn du wieder ins Krankenhaus gehst, hast du wieder Flashback. Jedes Mal, wenn du eine Nachsorgeuntersuchung hast, da kommt alles wieder hoch. Und in dem Moment, wo du träumst, kann es passieren, dass diese Emotion von dieser Situation getrennt wird. Und die Emotion, die kann dann verarbeitet werden und dann hast du die Situation übrig und kannst darüber einmal anders nachdenken.
“Schlaf mal eine Nacht drüber.” Macht absolut Sinn vor jeder großen Entscheidung, vor allem wo Emotionen mit im Spiel sind.
[00:37:12.350] – Nella
Ich habe ja früher sogar im Schlaf gelernt. Ich habe so was gemacht, dass ich mir die Vokabelzettel unter mein Kopfkissen gelegt habe und habe jetzt erst später erfahren, dass das tatsächlich eine Wirkung hat. Da war ich ja total begeistert. Also der Schlaf, der macht schon eine Menge mit einem.
Warum sind Albträume so präsent?
Und was ich auch schon mal erfahren durfte. Ich habe ja auch eine Traumdeuterin in meinem Podcast gehabt und die hat erzählt, dass die Albträume deswegen so präsent sind, weil sie alles hochholen, also nicht so tief sind wie diese normalen Träume. Sie sind besser greifbar und deswegen erinnern wir uns mehr an Albträume.
Was ich mich auch gefragt habe, ist: Kann zu viel Schlaf krank machen?
[00:37:56.620] – Dr. Sabrina Han
Ja, zu viel Schlaf macht auch wieder müde. Bei Fatigue ist das so ein bisschen mmmm …. Da darf jeder seine eigene Schlafdauer finden, die für ihn gut ist. Es gibt da kein richtig oder falsch. Die WHO empfiehlt einem gesunden erwachsenen Menschen siebeneinhalb Stunden. Ich sehe, Fatiguebetroffene brauchen mehr Schlaf.
Krebspatienten, wo der Schlaf sehr fragmentiert, also unterbrochen ist, du ständig aufwachst. Übrigens, wenn da 20 bis 25 Mal jede Nacht wach werden, ist normal. Die Frage ist nur: Was machst du dann? Drehst du dich und schläft weiter, weil du wolltest nur einmal kurz checken? Ist der Säbelzahn schon da oder nicht? Ist wirklich so? Und dann schläft du weiter. Das ist gar kein Problem, erinnerst du dich gar nicht dran. Das ist normal, das ist gut so. Ansonsten würde dein Schlaf nicht gut funktionieren.
Aber wenn du dann anfängst: „Ich muss jetzt mal aufs Klo, und „Ach, dann denke ich mal darüber nach, was steht denn morgen so an und dann fängst du an zu grübeln, dann hast du ein Problem. Oder Menschen, die noch Hormontherapie haben oder in den Wechseljahren sind und die dann nachts so doll schwitzen und so nass und dann so kalt sind, dass sie auskühlen und davon geweckt werden vom Körper, die sich nachts wirklich komplett umziehen müssen. Auch noch so ein Problem.
Ist vor zwölf der beste Schlaf?
[00:39:05.740] – Nella
Was mir noch einfällt, ist, meine Großmutter sagt ja immer, vor zwölf ist der beste Schlaf. Stimmt das oder ist das eine Mähr?
[00:39:12.280] – Dr. Sabrina Han
Sehr schön. Also, jein, Nella, tatsächlich. Wir haben ja so eine bestimmte Schlafarchitektur. Wir schlafen in bestimmten Zyklen, die sich alle 90 Minuten Pi mal Daumen wiederholen und man sieht, in der ersten Nachthälfte findet der Tiefschlaf statt. Und das ist das, was vor allem die Krebspatienten brauchen. Regeneration, Zellen erneuern, Zellen reparieren, Waschmaschine im Gehirn, Fakten abspeichern, Schönheitsschlaf. All das ist im Tiefschlaf. Und danach In der zweiten Nachthälfte hast du wenig bis gar keinen Tiefschlaf mehr, aber dafür sehr viel Traumschlaf, mit allen Vorteilen, die wir gerade schon besprochen haben.
Das heißt, ja, die erste Nachthälfte ist Gold wert, aber dieser Schlafrhythmus fängt immer dann an, wenn du ins Bett gehst. Also wenn du 2 Uhr morgens ins Bett gehst, würdest du genauso einen Schlafrhythmus haben und dann ist die Nacht von 2 bis 5 Uhr die beste Zeit für dich, was die Regeneration und körperliche Wiederherstellung angeht.
[00:40:16.290] – Nella
Okay, gut. Also dann muss ich meiner Oma mal einen Brief schreiben, dass das nicht stimmt!
[00:40:20.990] – Dr. Sabrina Han
Aber ein bisschen Wahrheit hat sie, weil ganz ehrlich, wir stehen alle zur selben Zeit morgens auf, egal wann wir ins Bett gegangen sind. Und wenn du dann 2 Uhr ins Bett gehst, dann hast du bis 6 Uhr oder 7 Uhr deinen Schlaf und dann ist der einfach zu kurz.
[00:40:35.070] – Nella
Ja, diese innere Uhr, ne.
„Wer schlafen will, wird wach bleiben.“
[00:40:36.970] – Dr. Sabrina Han
Ein bisschen Halbwahrheit, aber je nachdem auch, was du für ein Chronotyp bist. Wenn du eine absolute Eule bist, dein spät ins Bett gehe, dann wirst du 21 Uhr im Bett liegen und denken: „Ich will jetzt meinen wertvollen Goldschlaf haben, aber ich kann nicht einschlafen. Dann guckst du auf die Uhr und siehst: Ich liege hier schon eine Stunde, Nella. Das macht dich wahnsinnig wütend. Alles kommt hoch, körperlich, die Anspannung, Puls, Blutdruck. So wirst du nicht einschlafen. Da kann mir keiner erzählen, dass das der beste Schlaf deines Lebens sein wird.
[00:41:05.540] – Nella
Nein, das ist so ähnlich wie „Sei doch mal lustig. Weißt du, das funktioniert dann nicht. „jetzt sei doch mal müde. Also das funktioniert eben auch nicht. Ich glaube eher, das ist sehr kontraproduktiv.
[00:41:17.090] – Dr. Sabrina Han
Total. Wer schlafen will, wird wach bleiben, Nella.
[00:41:20.560] – Nella
Richtig, genau. Sehr schön auf den Punkt gebracht, genau.. Das denke ich auch. Auch da wieder. Das hat ja sehr viel damit zu tun, dass wir manchmal zu neigen, inklusive meiner einer, Sachen erzwingen zu wollen. Und das funktioniert bei der Fatigue nicht, es funktioniert beim Schlaf nicht, es funktioniert ehrlicherweise auch nicht bei der Bewegung, die zu dir passt, nicht. Also das ist für mich auch ein großes Learning hier heute, das einfach mal hinzunehmen und zu sagen: „Okay, wo stehe ich? Wie passt es am besten zu mir?” Energie ist ja auch ein großer Schatz. Wie gehe ich mit diesem Schatz um? Wann setze ich was ein? Und da werde ich jetzt zukünftig, da sollte ich auch mehr drauf achten.
„Initiative für echtes Leben“
Jetzt komme ich zu der genialen Überleitung zu meinem Schluss: Dass du ausgeschlafen bist, das haben wir jetzt schon auf verschiedenen Ebenen erlebt. Was ich aber auch noch interessant finde, du hast ja auch ein Buch geschrieben. Du hast ja übrigens auch, das dürfen wir nicht vergessen, einen Fatigue-Selbst-Test entwickelt, den verlinken wir natürlich. Trotzdem sollte man sie vielleicht da noch mal einem Experten oder auch dann dir direkt zuwenden. Ist aber erst mal ganz gut, das mal einzuordnen, aber worauf ich hinaus will, sind ja deine Bücher.
[00:42:35.100] – Nella
Und eins davon heißt „Initiatives Leben”. Und „Initiatives Leben”, das passt für mich auch so ein bisschen zu der Krebsthematik, weil ich finde, es ist auch sehr wichtig, Eigeninitiative zu übernehmen oder, wie ich es gerne sage, eigenverantwortlich zu sein, ein zufriedeneres Leben für sich zu haben. Du hast es aber, glaube ich, angewendet auf Menschen, die gerade die Schule verlassen oder ihre Karriere planen. Es gibt ja auch noch ein anderes Buch, auch zum Thema Karriere, wenn ich das recht entsinne. Wie kam das denn dazu?
Andere Frage: Können wir aus diesen Büchern auch was lernen als Krebspatienten?
[00:43:15.940] – Dr. Sabrina Han
“Die Initiative für Echtes Leben” hat drei Bücher bisher rausgebracht: “Der Gipfelstürmer”, “Tieftaucher” und “Nimm deine Karriere in die Hand.” Und in allen drei Büchern ist es uns sehr wichtig, diesen jungen Menschen- wir nennen sie Neu-Erwachsene –, die in dieser Phase sind, wo sich so viel verändert im Leben, den wirklich an die Hand zu geben, nimm dein Leben selbst in die Hand. Du kannst so viel tun. Du musst nicht das Leben leben, was deine Eltern für dich vorgesehen haben.
Du musst nicht das Leben leben, was irgendein Instagramer oder YouTuber, Tiktoker für dich vorgesehen hat, sondern geh rein und guck: Was willst du? Was sind deine Gaben und Talente? Was willst du denn eigentlich erreichen in deinem Leben? Warum bist du denn hier auf der Welt? Du hast doch bestimmt irgendwas ganz Besonderes mitbekommen. Und da ermutigen wir die Jugendlichen und Erwachsenen dazu, jungen Erwachsenen dazu, wirklich zu schauen: Was möchte ich?
Das erste Buch beschäftigt sich sehr viel mit so Evergreen Was bedeutet Familie, Finanzen. Wie werde ich nicht reich, aber wie kann ich meine Finanzen so aufstellen, dass ich gutgestellt bin? Ianz ehrlich, Nella, hätte ich das gewusst, was da in dem Buch drin steht.
[00:44:27.440] – Dr. Sabrina Han
Es sind immer so 15 Kapitel, 15 Autoren, jeweils zu einem unteren schiedlichen Thema.
[00:44:32.670] – Nella
Ach so, eine Anthologie ist das, ja?
[00:44:34.130] – Dr. Sabrina Han
Genau. Hätte ich das so vor 20, 25 Jahren gewusst, ich würde heute an einem anderen finanziellen Punkt stehen und mir damit persönlich und auch anderen andere Dinge möglich machen können. Es geht nicht darum, in Saus und Braus und Halligalli zu leben, sondern wirklich, wenn du einen guten Charakter hast, macht Geld einfach verdammt viel möglich. Es geht das Thema Mindset, essentiell. Hör doch endlich mal auf zu meckern, was die anderen alle machen. Guck doch mal, was kannst du machen.
Im Tieftaucher-Buch geht es sehr viel innere Werte. Wie gehe ich mit Schicksalsschlägen um? Wie gehe ich mit Angst um? Mobbing, Cybermobbing, sind wunderbare Themen.
Und das letzte Buch, das ist ein “Mutmachbuch”, mal ganz weit über den Tellerrand zu schauen, dich inspirieren zu lassen. Jeder Autor bringt eine eigene Geschichte mit rein und dich davon inspirieren zu lassen und zu gucken: Aha, der hat … Also da geht es viel Unternehmertum, weil es mit dem Alumni-Verein der Stiftung der Deutschen Wirtschaft zusammengeschrieben wurde. Und da geht es ganz viel darum: Ich habe mich so oft auf die Nase gelegt. Und das ist überhaupt nicht schlimm, sondern gut, weil meine Fehler sind Helfer und ohne Fehler kann ich mich nicht weiterentwickeln.
„Ohne Fehler kann ich nicht lernen.“
Ohne Fehler kann ich nicht lernen. Es findet kein Wachstum statt. Und ich glaube, das ist vielleicht auch ein ganz großes Take-away für Menschen mit Krebs, zu sagen: „Es gibt kein „Meine Fehler“ in meinem Kopf.
[00:46:00.990] – Nella
Wo du das gerade sagst mit Fehler und Helfer. Helfer steckt ja in dem Wort Fehler. (Sabrina: Ganz genau.) Um es klar noch mal zu betonen. Nein, aber weißt du, was ich ganz spannend finde? Deswegen schließt sich jetzt hier für mich ein sehr, sehr schöner Kreis, weil das ist ja im Grunde genau das, was du nach der Therapie, ich nenne das ja immer die „verflixte dritte Phase”, was du da erlebst.
Dass du wirklich guckst … Gut, du bist jetzt vielleicht auf die Nase gefallen, kann man jetzt nicht sagen, aber du hast eben eine herausfordernde Situation gemeistert und jetzt geht es los. Jetzt geht das Leben noch mal los, und es war anders, als es vorher war. Und was möchte ich denn jetzt? Oder wie Frankl sagt, das Leben klopft an und fragt: „Was ist dein Platz im Leben? Was willst du? Was ist deine Aufgabe?
Dr. Sabrina Han
Ich krieg Gänsehaut.
Nella
Das finde ich sehr schön, dass du das mit jungen Leuten so machst. Das finde ich toll. Ich werde das hier meinen Kids auch noch mal vorstellen. Die sind ja genau, die jüngsten beide, die sind genau in dem Alter, sich da mal ranzutrauen, während Caspar – der Dreijährige – inzwischen 19 ist. Ich glaube, den kriege ich immer noch nicht so richtig ans Lesen, aber wer weiß.
Ich danke dir sehr für dieses Gespräch. Toll, dass wir diese ganzen Punkte so verbinden konnten, miteinander. Ich hatte aber auch keinen Zweifel, dass uns das gelingen wird. Und ja, ich bin sehr begeistert von diesem Gespräch hier und sage herzlichen Dank und ihr passt gut auf euch auf. Passt auf das Pacing auf, auf euer Tempo. Findet es hoffentlich und setzt euch nicht unter Stress. Ich glaube, das kann man so zusammenfassend sagen. Herzlichen Dank, liebe Sabrina.
[00:47:39.600] – Dr. Sabrina Han
Danke, liebe Nella.
[00:47:41.000] – Nella
Tschüss. Ciao, ciao. Was für ein schöner, kompakter Talk hier, den wir hingelegt haben, Sabrina und ich. Körper, Geist und Seele und alles in Balance am besten. So kann man es, glaube ich, ganz gut zusammenfassen. Ich fand es wirklich sehr schön. Und wenn du mehr von Sabrina erfahren möchtest, auch über ihr Fatigue-Coaching, dann guck doch mal in den Shownotes. Da habe ich dir einige Links zur Verfügung gestellt und natürlich auch ihren Fatigue-Test.
Erinnerst du dich noch an „Friluftsliv”? Auch den Link habe ich da unten mal reingesetzt. Also am besten ist, du schaust mal vorbei. Auch eine Anmeldung zu Post von Nella findest du da.
SHOWNOTES
Zu meiner Gästin:

Alles über Dr. Sabrina Han und ihre Arbeit und wie du mit ihr Kontakt aufnehmen kannst, findest du auf ihrer Webseite:
Schlafcoaching mit Dr. Sabrina Han | erfolgreich schlafen Dort gibt es auch ein Schlaftagebuch zum Downloaden. Schau am besten mal vorbei.
Sabrina ist außerdem unter Sabrina_fatiguecoach auf Instagram akitv.
Den von ihr entwickelten FATIGUE-SELBSTTEST findest du hier: www.erfolgreich-schlafen.de/Fatigue-selbsttest.
Der ersetzt aber natürlich keine „echte“ Diagnostik. Da die aber, wie Sabrina sagt, sehr schwer zu bekommen ist, gibt sie damit einen sehr guten Einblick über die Ausprägung der Symptome und deren Schweregrad.
Unter Initiative für Echtes Leben | Persönlichkeitsentwicklung findest du auch die drei Bücher über die wir gesprochen haben: „Für Tieftaucher“, “ Für Gipfelstürmer“ und „Nimm deine Karriere in die Hand.“
Außerdem interessant:
Hier ein Video vom Panel „Fatigue – Rezepte gegen die große Müdigkeit“ auf der Yes!Con 2024. Mit Prof. Dr. Diana Lüftner, Alexandra von Korf, und natürlich Dr. Sabrina Han. Moderiert von der wunderbaren Susanne Reimann https://www.youtube-nocookie.com/embed/suT8B_Xcy9U?feature=oembed
Sabrina war auch zu Gast im Podcast „Fasy.nation“ nur für ME/CFS Patienten. Der ist ebenfalls sehr hörenswert: „Fasy.nation“ Titel: Hilfe bei ME/CFS 6 Long Covid.
Zu den angesprochenen Themen hier noch die Links:
Friluftsliv: Die norwegische Naturverbundenheit der Norweger
Medical Gaslighting: Medical Gaslighting: Wenn Ärzte Symptome nicht ernst nehmen | Apotheken Umschau
Die 12 Löffeltheorie: Löffel-Theorie: Hilfe für chronisch Kranke
Das große Buch vom Schlaf (How we sleep) Amazon.de : das große buch vom schlaf
Podcastfolge mit der Traumarbeiterin Petra Cyganiak:
#24 – „Was war denn das wieder für ein Traum?“ – Warum sie uns beschäftigen und welche Potenziale sie haben. – Zellenkarussell– Mit einem Link zum Transkript dieser Folge.
Auch interessant:
Die Podcastfolge mit Tina Ittermann. Sie spricht als Betroffene und Fatigue-Coachin mit einem etwas anderen Blickwinkel mit mir über das Thema Fatigue: #41 – Es geht heute nicht, weil es gestern ging, sagt die Fatigue. – Zellenkarussell
Lesenswertes aus dem Zellenkarussell:
Das Prinzip „Freewriting“ schnell und einfach erklärt. – Zellenkarussell
Mein Ratgeber „Warum sagt mir das denn niemand? Was Du nach einer Krebsdiagnose alles wissen musst.“ und mein Workbook gegen die Angst: Du brauchst – Meinen Ratgeber

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